Forschungsabteilung
Jahresbericht 2022
Seit 2016 hat Refugio München eine eigene Forschungsabteilung, um mit wissenschaftlich untersuchten therapeutischen Konzepten die Behandlung von traumatisierten Geflüchteten stetig zu verbessern.
„Die therapeutische Arbeit mit Geflüchteten ist immer so mühsam.“ So beginnt ein Artikel, der in einem Themenschwerpunktheft der Zeitschrift Verhaltenstherapie und Psychosoziale Praxis (VPP) des Verlags der deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie enthalten ist. Der Titel des Themenschwerpunktheftes lautet „Psychotherapeutische Versorgung von Geflüchteten: innovative Behandlungsmethoden und besondere Rahmenbedingungen“ und wurde von Mitarbeiterinnen der Forschungsabteilung von Refugio München herausgegeben (Koch & Liedl, 2022). Die verschiedenen Beiträge sollen neue Erkenntnisse aus wissenschaftlicher und klinischer Perspektive vermitteln, um dadurch Unsicherheiten und Ängste bei der Therapie mit Schutzsuchenden abzubauen und ein breites Interesse an der therapeutischen Arbeit mit geflüchteten Menschen wecken. Denn der Bedarf an Therapeut*innen, die mit geflüchteten Menschen arbeiten, ist enorm.
Das Themenschwerpunktheft beinhaltet sechs Artikel von Autor*innen, die seit vielen Jahren im wissenschaftlichen oder klinischen Setting mit Geflüchteten arbeiten und daher eine große Expertise vereinen.
Im ersten Beitrag wird eine Studie vorgestellt, die Refugio München in Kooperation mit dem Zentrum Überleben in Berlin durchgeführt hat. Dabei wurden Aufnahmeprozesse und Aufnahmedaten der beiden größten Behandlungszentren für Geflüchtete in Deutschland untersucht. Es zeigt sich zum einen eine hoch belastete Patient*innengruppe, die in den beiden Zentren versorgt wird, aber auch, dass aufgrund begrenzter Kapazitäten eine große Anzahl von behandlungsinteressierten Patient*innen unbehandelt bleibt.
In einem weiteren Artikel wird das bei Refugio München in Kooperation mit der LMU München entwickelte Behandlungsmanual „Sleep Training adapted for Refugees – STARS“ vorgestellt, das speziell für die Bedürfnisse von geflüchteten Menschen mit Schlafstörungen entwickelt wurde. Im Rahmen einer randomisiert kontrollierten Studie wird das Manual auf seine Wirksamkeit untersucht.
„StandardPLUS – ein kontextsensibler Therapieansatz für Schutzsuchende“ ist ein Beitrag, der ein neues Professionalitätsverständnis für Therapie mit schutzsuchenden Menschen konzipieren soll. Die in der Arbeit mit Geflüchteten seit Jahrzehnten erfahrenen Autorinnen beschreiben für die Therapie äußerst relevante Bereiche wie die im Herkunftsland geprägten Lebenskontexte und -erfahrungen, die Bedeutung und Auswirkung von Lebensbedingungen für Schutzsuchende in Deutschland, unterschiedliche Konstruktionen des Selbst sowie subjektive Krankheits- und Heilungsvorstellungen.
Da soziale Fragen und Anliegen in der Therapie mit Geflüchteten oft eine zentrale Rolle spielen, darf ein Beitrag zur „Sozialberatung mit Geflüchteten“ im Themenheft nicht fehlen. Die beiden erfahrenen Autorinnen geben einen Einblick in die herausfordernden sozialen und rechtlichen Kontexte und Strukturen, in denen Schutzsuchende in der Regel leben. Der Beitrag beinhaltet einen Überblick über die rechtliche und finanzielle Situation von Geflüchteten, Integrationsmaßnahmen und fluchtspezifische Themenfelder und beinhaltet äußerst hilfreiche Verweise auf spezifische Beratungsstellen.
Zudem wurde der Themenschwerpunkt durch zwei externe Artikel zur Wirksamkeit von Imagery Rescripting (ImRs) als eine innovative und effektive Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung und zu den Bedürfnissen und Arbeitsbedingungen von Dolmetschenden in der Therapie mit Geflüchteten ergänzt.
Das Themenschwerpunktheft gibt einen Überblick über die vielfältige und spannende Arbeit mit geflüchteten Menschen. Die Forschungsabteilung von Refugio München leistet einen Beitrag zur Entwicklung und Erforschung effektiver Behandlungsmethoden für dieses besondere Klientel. Dafür kooperieren wir mit verschiedenen Universitäten und anderen psychosozialen Einrichtungen. Das von uns herausgegebene Schwerpunktheft spiegelt die Bandbreite der Arbeit und der Vernetzung wider.
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