Muttersprachliches Elterntraining – Eltern aktiv
Jahresbericht 2023
Als Elterntrainerin stärkt Zenebech Kasahun-Krollmann die Erziehungskompetenz zugewanderter Eltern in München. Hier erzählt sie von ihrer Arbeit.
Warum arbeitest du als Elterntrainerin?
Zenebech Kasahun-Krollmann: Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, Kinder in zwei Kulturen zu erziehen. Ich habe selbst eine Migrationserfahrung und spreche Tigrinya und Amharisch. Diese Sprachen werden hauptsächlich in Eritrea und Äthiopien gesprochen. Meine Sprachkenntnisse helfen ungemein bei der Arbeit mit Familien aus diesen Ländern, die heute in München leben.
Vor welchen Herausforderungen stehen die Eltern, die zu dir kommen?
Die meisten sind verunsichert und überfordert. Sie sind mit Erwartungen konfrontiert: im Kindergarten, der Schule und von den Behörden. Sie wollen alles richtig machen, wissen aber oft nicht wie. Kulturelle Unterschiede und die Sprachbarriere führen allerdings häufig zu Missverständnissen.
Was für Missverständnisse sind das?
Ich hatte im letzten Jahr eine Mutter im Elterntraining, die noch nicht lange in Deutschland lebt und mit ihren Kindern in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnt. Ein Kind geht in eine Kindertagesstätte und die Frau hatte ein Missverständnis mit der Erzieherin dort. Jeden Tag brachte die Mutter ihr Kind bis zur Eingangstür der Kita. Sie ging aber nicht in die Kita hinein und sprach nicht mit der Erzieherin. Beim Abholen war es ähnlich: Die Mutter wartete vor der Eingangstür auf ihr Kind, ohne mit jemandem zu sprechen. Auf die Erzieherin wirkte es so, als interessiere sich die Frau gar nicht richtig für ihr Kind, weil sie sie gar nicht zu Gesicht bekamen. Als die Mutter das erfuhr, war sie sehr verwundert. Natürlich interessiert sie sich für ihr Kind! Sie hatte aber Angst, die Erzieherin bei der Arbeit zu stören. Für sie war es ein Zeichen des Respekts, die Erzieherin nicht anzusprechen. Deshalb versuchte sie immer, möglichst leise und unauffällig zu sein, wenn sie ihr Kind brachte und abholte. Dass die Frau kaum Deutsch sprach, erschwerte natürlich die Kommunikation mit der Kita.
Was hat das Elterntraining bei der Mutter bewirkt?
Die Mutter hat durch unser Elterntraining verstanden, dass der Kontakt mit den Kitas wichtig ist. Sie hat die Erwartungen, Pflichten aber auch die Rechte, die sie in diesem Land als Mutter hat, verstanden. Sie fühlte sich außerdem wahrgenommen und wertgeschätzt. Beim Abschlussgespräch war sie selbstbewusster und stärker.
Welche Themen sind sonst im Elterntraining wichtig?
Es gibt ein Manual, an dem wir uns sehr genau orientieren: Darin geht es um Themen wie das Setzen von Grenzen bei der Erziehung, den Umgang mit den Gefühlen des Kindes, Aufmerksamkeit, Wertschätzung und andere wichtige Erziehungsfragen. Ganz besonders wichtig ist uns, die Beziehung zwischen Eltern und Kindern zu stärken. Die Eltern sollen sich an die Erziehungsnormen in Deutschland gewöhnen.
Was ist wichtig, damit das Training Erfolg hat?
Es ist wichtig, dass die Eltern wissen, was sie im Training erwartet. Dafür nehmen wir uns zu Beginn immer viel Zeit. Außerdem funktioniert es nur, wenn die Eltern auch wirklich Zeit für die Sitzungen haben.
Welche Dinge stehen dem im Weg?
Die Eltern kommen ohne die Kinder zu uns ins Training. Das heißt, sie müssen vorher eine Betreuungsmöglichkeit finden. Das ist manchmal schwierig. Ein anderes Problem bei der Erziehung sind die beengten Wohnverhältnisse in den Gemeinschaftsunterkünften. Wie soll ein Kleinkind früher ins Bett gehen, wenn die älteren Geschwister im selben Raum wohnen und es keine Ausweichmöglichkeiten gibt? Und dann kommt noch ganz grundsätzlich hinzu, dass wir längst nicht allen Eltern, die möchten, einen Platz in unserem Training anbieten können. Die Warteliste ist sehr lang, weshalb wir eine Fallzahlerhöhung beantragt haben. Wir hoffen, dass das Stadtjugendamt einer Erweiterung zustimmt.