Jahresbericht 2020
Welcome Projekt
Die 16-jährige Khalida und ihre Familie sind Ihnen vielleicht noch aus unserem digitalen Adventskalender aus dem letzten Jahr bekannt. 2020 gelang es der Familie, eine eigene Wohnung in einer Unterkunft in München zu bekommen. Das beengte Ankerzentrum in Fürstenfeldbruck konnten sie so endlich verlassen. Unsere therapeutische Arbeit zeigt deutliche Erfolge und der Familie geht es spürbar besser. Seit einiger Zeit unterstützt Julia Gabler Khalida und ihren Bruder Zaki als ehrenamtliche Mentorin im Projekt Welcome. Wie das Mentoring abläuft, erzählen Khalida und Julia im Interview.
Khalida, wie bist Du zu Refugio München gekommen?
Khalida: Meine Familie und ich haben 11 Monate lang in Fürstenfeldbruck gewohnt im Camp (* gemeint ist das Ankerzentrum Fürstenfeldbruck). Uns ging es dort nicht gut. Wir waren traurig und wir hatten viele negative Gedanken. Eine Krankenpflegerin hat uns den Kontakt zu Refugio München gegeben und gesagt, wir sollten da mal hingehen. Wir haben einen Termin gemacht. Und dann bin ich mit meinem Vater und meiner kleinen Schwester hingefahren. Dort haben wir als erstes Zahra Sharifi getroffen. Sie konnte mit uns auf Afghanisch sprechen. Das war gut! Zahra meinte, Dr. Terlinden kann uns helfen.
Und konnte er Euch helfen?
Khalida: Ja, Herrn Dr. Terlinden habe ich dann eine Woche später kennengelernt. Ich habe ihm von meinen Problemen erzählt. Das war gut. Und dann haben wir uns regelmäßig getroffen. Ich würde sagen, er konnte mir zu 100% helfen. Jetzt, nach einigen Monaten, haben wir abgemacht: Wir machen erstmal eine Therapie-Pause für sechs Monate und sehen dann, ob er mir weiter helfen soll. Und jetzt treffe ich mich regelmäßig mit Julia.
Julia, wie hast Du vom Welcome Projekt bei Refugio München erfahren?
Julia: Ich bin vor zwei Jahren nach meinem Masterstudium von Stuttgart, wo ich ursprünglich herkomme, wieder nach München gezogen. Ich arbeite als Human Ressource Managerin im IT Bereich. Seit ich nach dem Abitur für drei Monate in Sri Lanka in einem Waisenhaus gearbeitet habe, war ich neben meinem Job immer wieder ehrenamtlich tätig: bei der Münchner Tafel und beim Münchner Flüchtlingsrat. Ich finde es wichtig sozial benachteiligte Menschen zu unterstützen und habe bis jetzt nur positive Erfahrungen als Ehrenamtliche gemacht. Irgendwann habe ich mich für den Newsletter von Refugio angemeldet und so wurde ich dann auf das Welcome Projekt aufmerksam.
Khalida, ihr Bruder und
Julia bei Lernen: scheint
Spaß zu machen!
Und wie hast Du Khalida kennengelernt?
Julia: Im Newsletter hieß es, dass Refugio ehrenamtliche Mentoren für das Welcome Projekt sucht. Da habe ich mich gemeldet. Und dann habe ich über Birke Siebenbürger aus dem Kinder- und Jugendbereich Khalida und ihren Bruder Zaki kennengelernt. Beide brauchten Unterstützung in der Schule, vor allem in Englisch, und etwas in Deutsch und Mathe. Khalida und ihre Familie wohnen nicht weit von mir, das macht die Treffen einfacher. Und wir haben uns gleich gut verstanden.
Was macht Ihr jetzt, wenn Ihr Euch seht?
Khalida: Wir sprechen sehr viel Englisch zusammen. Ich kann schon Englisch, aber in der Schule ist es schwierig. In meiner Klasse sind 15 Schüler und viele haben keine Lust auf Englisch. Es ist schwer, da zu lernen. Mit Julia geht es besser. Sie ist sehr nett und kann so gut reden und Sachen erklären. Das hilft mir und meinem Bruder.
Julia: Wenn ich zu Khalida komme, machen wir oft Freestyle Hausaufgabenhilfe – alles, was gerade ansteht. Das klappt gut! Ich merke, dass Khalida und Zaki sich schon verbessert haben. Oft erfahre ich dann auch, was die Familie sonst noch bewegt. Khalidas Vater würde gern einen Führerschein in Deutschland machen, weil der afghanische Führerschein hier nicht anerkannt wird. Wir sprechen über alles Mögliche: von guten Shopping-Möglichkeiten in München bis hin zum deutschen Arbeitsmarkt und den Berufswünschen der Kinder.
Hattet Ihr von der Nachhilfe abgesehen noch einen schönen gemeinsamen Moment?
Khalida: Julia war bei uns zum Essen. Wir haben Afghanisch gekocht für Julia. Also meine Mutter hat gekocht.
Julia: Ja, das war definitiv ein besonderer Moment. Das Essen war sehr lecker und die Familie ist einfach großartig!
Khalida lernt Englisch und Mathe. Julia, was lernst Du durch die gemeinsamen Treffen?
Julia: Den eigenen Horizont zu erweitern! Ich lerne neue Menschen kennen, die ihr Leben hier ziemlich gut managen. Khalida hat einen guten Überblick und hilft ihrer Familie, wo sie kann. Die Familie ist sehr dankbar dafür, dass ich Khalida und Zaki unterstütze und ihre positive Einstellung und Ausstrahlung inspirieren mich!
Sie interessieren sich für eine Mitarbeit im Welcome Projekt?
Tobias Vorburg freut sich auf Sie: