Wie können Sie auf sich achten, um selbst zu helfen?
Der Umgang mit psychisch belasteten Menschen mit Flucht – und Migrationserfahrung und ihren nicht einfachen gesetzlichen und administrativen Rahmenbedingungen fordert Ihre Kraft und Aufmerksamkeit. In Abhängigkeit von der Persönlichkeit der Person, mit der Sie arbeiten, sind Ihre Offenheit, Ihr Organisationstalent, Ihr Einfühlungsvermögen, Ihre Durchsetzungsfähigkeit, Ihre Kreativität oder Ihre Frustrationstoleranz gefragt. Es ist wichtig, dass Sie während Ihres Engagements stets bestrebt sind, die richtige Balance zu finden, d. h. geben zu können, ohne dass Ihr Engagement zu viel für Sie wird.
Wenn Sie aufgrund von Beobachtungen oder Verhaltensweisen des/der Geflüchteten den Eindruck haben, dass zusätzlicher Behandlungsbedarf besteht, bitten wir Sie, nicht abzuwarten, sondern sich an Beratungseinrichtungen in Ihrer Region zu wenden. Es kann Sie bereichern, wenn Sie das zunehmende Vertrauen der Person spüren, die Ihnen über ihre schwierige Situation und belastenden Erfahrungen zu berichten beginnt. Dieselbe Situation kann aber auch belastend für Sie selbst sein. Vielleicht geht Ihnen das Schicksal, von dem Ihnen berichtet wird, sehr nahe. Wenn zu große Betroffenheit über die Geschichte und Situation der geflüchteten Person überhandnimmt, können Sie selbst entmutigt werden, oder Sie können zu Anstrengungen herausgefordert werden, die auf Dauer über Ihre eigenen psychischen und physischen Grenzen hinausgehen. Es ist deshalb gut, wenn Sie in regelmäßigen Abständen Ihre eigene Belastbarkeit kritisch hinterfragen, einschätzen und Ihre persönliche Grenze kennen. Um das Gehörte besser zu verarbeiten, ist es hilfreich, in regelmäßigen Abständen etwas zu tun, das Ihnen guttut und einen Ausgleich schafft.
Die folgende Auflistung ist als Anregung und Auswahl für Sie gedacht:
- Zeitstruktur: Machen Sie sich insgesamt bewusst, wie viel Zeit Sie in Ihre ehrenamtliche Arbeit investieren können und wollen und stellen Sie dies bereits zu Beginn klar. Wenn Sie möchten, benennen Sie einen festen Zeitrahmen, wann Sie in dringenden Fällen telefonisch erreichbar sind. Überlegen Sie aber selbstkritisch, ob Sie dieses zusätzliche Hilfsangebot leisten und verkraften können.
- Achten Sie stets auf Ihre persönlichen Grenzen, und messen Sie sich nicht an anderen Ehrenamtlichen. Es ist wichtig, dass Sie sich nicht überfordern.
- Fehler lassen sich nicht vermeiden und sind normal! Ihr Engagement ist ein Ehrenamt, das unterstützt, aber nicht die Verantwortung für die Betroffenen übernehmen kann. Ihre ehrenamtliche Funktion ist zeitlich begrenzt, und mit Ihrem Ehrenamt ist keine langfristige Unterstützung oder Bindungstreue verbunden.
- Binden Sie Ihr Umfeld mit ein. Fragen Sie in regelmäßigen Abständen Freund*innen oder Familienmitglieder, wie diese Sie in der letzten Zeit erlebt haben, und wie die Erlebnisse, die Sie von ihrem Engagement berichten, auf diese wirken.
- Ihr Engagement soll insgesamt mit Freude und Zufriedenheit, mit positiver Selbsterfahrung, dem Knüpfen von sozialen Kontakten und dem Gefühl, etwas Gutes zu tun, verbunden sein, auch wenn es zwischenzeitlich Phasen des Auf und Ab geben wird.
- Wenn das Schicksal des Menschen, den Sie betreuen, bei Ihnen starke Betroffenheit auslöst, raten wir Ihnen, mit einer vertrauten Person oder einem/r Experten*in zu sprechen.
- Nicht nur in schwierigen Fragen, sondern auch bei allgemeinen Fragen gibt es Einrichtungen, die Ihnen unterstützend zur Seite stehen können. Bei Fragen zur Situation von Geflüchteten gibt es in den größeren Städten Flüchtlingsräte, die teilweise auch Fortbildungen für Ehrenamtliche anbieten. Auch kann der Kontakt zu den im Migrationsbereich tätigen Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände bzw. Städte und Gemeinden hilfreich sein. Bei organisatorischen Fragen bzw. Fragen rund ums Ehrenamt können Sie sich an Freiwilligenzentren in Ihrer Nähe wenden.
- Hilfreich für Ihre Betreuung vor Ort könnte auch ein regelmäßig stattfindender Stammtisch sein, mit der Möglichkeit sich mit anderen ehrenamtlichen Betreuenden auszutauschen.
Wenn Sie weitere Informationen zur psychosozialen Unterstützung von Geflüchteten benötigen, wenden Sie sich bitte an unser Beratungstelefon:
Montag: 10-12 Uhr | Donnerstag: 14-16 Uhr
Telefon: 089 / 98 29 57 0
oder per E-Mail an info@refugio-muenchen.de