Forschung

Die Forschungsabteilung: nah an den Bedürfnissen unserer Klientinnen und Klienten

Forschung bei Refugio München ist „Forschung im Feld“, immer ausgerichtet an den Bedürfnissen und Interessen der Geflüchteten und der Behandler*innen.

Was unsere Forschungsabteilung auszeichnet ist die langjährige Erfahrung in der Erforschung der besonderen Belastungen von Geflüchteten und eine enge Vernetzung mit der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem therapeutischen und sozialpädagogischen Team bei Refugio München sowie anderen psychosozialen Zentren.

Unsere aktuellen Forschungsprojekte:

Im Rahmen der Standarddiagnostik werden alle Klient*innen von Refugio München ab 11 Jahren bei Therapiebeginn auf ihre Belastungen und beeinträchtigten Lebensbereiche in ihrer Landessprache mit Hilfe von Fragebögen systematisch befragt. Diese Befragung wird nach 6 Monaten und am Ende der Therapie wiederholt, sodass die Therapieverläufe quantitativ dargestellt werden können. So können wir den diagnostischen und therapeutischen Prozess standardisieren und ergänzen. Außerdem erhalten wir dadurch wichtige Erkenntnisse, mit welchen Belastungen die Klient*innen zu uns kommen, wie sich diese verändern und welche Faktoren die Therapieverläufe beeinflussen (z.B. Postmigrationsstressoren).

Beispielpublikationen:

  • Liedl, A., Geiling, A., Dumser, B., Waiblinger, T., Böttcher, M., Nesterko, Y., Koch, T., Stammel, N. (2023): Aufnahmeprozesse und Klient*innen der beiden größten Behandlungszentren für Geflüchtete in Deutschland: Refugio München und Zentrum Überleben in Berlin. In: Verhaltenstherapie und Psychosoziale Praxis, 55. (1), 7-23.
  • Awuah, A. (2023). Predictors of Drop-Out: Exploring the Role of Refugee-Specific Variables. (Bachelorarbeit, LMU München).

 

Schlafstörungen stellen bei unseren Klient*innen ein sehr relevantes und belastendes Problem dar. Fast alle berichten davon. Gleichzeitig besteht eine große Wissenslücke in der Literatur bezüglich der verschiedenen Arten, dem Ausmaß und den Korrelaten von Schlafstörungen bei Geflüchteten. Wenig erforschte Aspekte, wie z. B. eine Angst vor dem Schlafen, wie sie viele unserer Klient*innen berichten, stellen uns in der Behandlung immer wieder vor Herausforderungen. Aufgrund dessen hat sich die Forschungsabteilung von Refugio München zum Ziel gesetzt, dieses – in der Praxis so relevante – Phänomen in den nächsten Jahren genauer zu untersuchen. Das Projekt läuft bis Ende 2023. Die Ergebnisse werden bis Mitte 2024 an dieser Stelle kommuniziert.“

Die Behandlung Geflüchteter geht mit einer Reihe besonderer Anforderungen einher. Auch in Bezug auf die Behandlung von Schlafstörungen stellt die besondere Situation unserer Klient*innen eine Herausforderung dar: z. B. ist die Schlafumgebung häufig laut, beengt oder dem Gefühl nach oder tatsächlich unsicher, es gibt kulturell bedingt abweichende Krankheits- und Behandlungskonzepte, es besteht eine hohe Mehrfachbelastung psychischer Erkrankungen, akute asylrechtliche und andere Zukunftssorgen halten über sehr lange Zeit an etc. Etablierte psychotherapeutische Behandlungskonzepte zur Behandlung von Schlafstörungen werden diesen Anforderungen nicht gerecht. In der Verschmelzung dieser etablierten und wirksamkeitserprobten Ansätze mit unserer langjährigen Erfahrung in der Behandlung Geflüchteter entwickeln wir ein Manual zur Behandlung von Schlafstörungen bei Geflüchteten. Dieses „Sleep Training Adapted for Refugees – STARS“ wird aktuell bei Refugio für afghanische Männer angeboten und systematisch evaluiert.

STARS-Manual auf Englisch             Unser aktuelles STARS-Gruppenangebot finden Sie hier


Beispielpublikationen:

 

Derzeit werten wir die Ergebnisse der Wirksamkeitsevaluation aus. Sie werden voraussichtlich bis Mitte 2024 vorliegen und an dieser Stelle kommuniziert.

Die Invasion Russlands in der Ukraine führte dazu, dass viele Menschen aus der Ukraine geflohen sind. Als Reaktion auf die steigende Nachfrage, gründete Refugio München e.V. das neue Projekt „Mental Health Center Ukraine* (MHCU)“ zur psychologischen Unterstützung von geflohenen Menschen aus der Ukraine. Diese spezielle Zielgruppe sowie deren psychosozialen Bedarfe wurde bisher wenig untersucht. Gestützt auf frühere Forschung müssen wir allerdings von hohen psychischen Belastungen ausgehen.

In unserer Online-Studie untersuchen wir deshalb die psychische Belastung, Postmigrationsstressoren aber auch die Resilienz behandlungsaufsuchender Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind. Ziel der Studie ist es, ein besseres Verständnis über die Belastungen dieser Menschen zu entwickeln und daraus zielgerichtete Interventionsansätze ableiten zu können. Darüber hinaus untersuchen wir längsschnittlich Risiko- und Schutzfaktoren für die psychischen Gesundheit von aus der Ukraine geflohenen Menschen.

Das AMIF-Projekt „Stepped Care 2.0 – Weiterentwicklung eines stufenweisen Behandlungskonzepts für besonders Schutzbedürftige“ ist die Fortführung des Projekts „Stepped Care“ (d.h. gestuftes Vorgehen bei der Behandlung) in den zwei psychosozialen Behandlungszentren Refugio München und Zentrum ÜBERLEBEN ab. Durch die Etablierung weiterer, angepasster Behandlungsstufen (Steps) sollen Bedarfe noch zielgerichteter gedeckt werden. Das Konzept reicht von telefonischer Beratung, über niederschwellige Gruppenangebote bis zur individuellen psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlung sowie Nachsorge und Rückfallprophylaxe.

Unsere Forschungsabteilung begleitet das Projekt wissenschaftlich. Ziel ist es durch eine individualisierte Psychotherapieforschung Prädiktoren für Therapieerfolg und Dropout (Semmlinger & Ehring, 2021) zu untersuchen und in den Therapieprozess  zu integrieren. Somit wäre es zukünftig möglich, noch zielgerichteter und effektiver die Personen nach bestimmten Kriterien wie Belastung, Alter, Störungsbild etc. in die verschiedenen Steps einzuteilen und auf Risikofaktoren für Therapiedropout bereits in frühen Phasen der Therapie zu achten.

Im AMIF-Projekt „bedarfs.gerecht“ wird zudem gemeinsam mit anderen psychosozialen Zentren ein Prototyp eines Fragebogensets zusammengestellt, mit dem die Wirkung von Therapien in den PSZ evaluiert werden kann.  Dabei werden auch flucht- bzw. migrationsspezifische Aspekte berücksichtigt, bspw. inwiefern die Behandlung auch Auswirkungen auf die gesellschaftliche Teilhabe der Behandelten hat. Hierdurch soll eine wissenschaftliche Basis geschaffen werden, um die Ansätze der PSZ an die gesundheitliche Regelversorgung zu transferieren.

Eine ausführliche Beschreibung von bedarfs.gerecht finden Sie hier.

Peer-Berater*innen im Kontext von Flucht und Migration werden zunehmend in die psychosoziale Versorgung mit eingebunden. Dabei nimmt die eigene Flucht- und/oder Migrationserfahrung einen besonders wichtigen Stellenwert ein, wenn Menschen, die geflüchtet sind, im Alltag begleitet und unterstützt werden. Sie übernehmen dabei verschiedenste Aufgaben wie die niedrigschwellige psychosoziale Beratung, die Übersetzung von Dokumenten, die Begleitung zu Arztterminen oder das Informieren über alltagsrelevante Themen wie die Wohnungssuche. Peer-Berater*innen stehen dabei vor vielfältigen Herausforderungen. In Kooperation mit der Forschungsabteilung von Refugio München führt das Zentrum ÜBERLEBEN daher eine bundesweite Onlinebefragung durch. Unsere Befragung zielt darauf ab, die psychische Belastung dieser Peer-Berater*innen zu untersuchen sowie Schutz- und Risikofaktoren zu identifizieren, die damit im Zusammenhang stehen könnten. Die Ergebnisse sollen langfristig zur Entwicklung von Leitlinien für die Zusammenarbeit mit Peer-Berater*innen beitragen.

Wer kann teilnehmen?

  • Peer-Berater*innen, die geflüchtete Menschen unterstützen
  • Personen mit eigener oder familiärer Flucht-/Migrationserfahrung
  • Mindestens 18 Jahre alt
  • Ausreichende Deutschkenntnisse
  • Internetzugang

 

Studienablauf
Die Teilnahme erfolgt online und dauert etwa 35 Minuten. Alle Teilnehmenden haben die Chance, einen von vier 50-Euro-Gutscheinen zu gewinnen.

Die Teilnahme ist über den folgenden Link möglich: https://ww3.unipark.de/uc/Peerstudie/

Studienleiter*innen

Dr. Theresa Koch (theresa.koch@refugio-muenchen.de)
Dr. Mina Stefanovic (Mina.Stefanovic@refugio-muenchen.de)
Dr. Angelika Geiling (a.geiling@ueberleben.org)
Dr. Yuriy Nesterko (y.nesterko@ueberleben.org)

Abgeschlossene Forschungsprojekte:

Seit 2016 widmete sich die Forschungsabteilung intensiv der Untersuchung von Emotionsregulation als transdiagnostischem Prozess bei traumatisierten Geflüchteten. In diesem Rahmen wurde das Gruppenkonzept „Skills-Training der Affektregulation – ein kultursensibler Ansatz: STARK“ entwickelt und mithilfe einer randomisierten kontrollierten Studie evaluiert. Das Gruppenkonzept STARK stellt ein strukturiertes Training der Emotionsregulationsfähigkeiten dar, das in enger Zusammenarbeit zwischen Praktiker*innen und Forscher*innen von Refugio München speziell für traumatisierte Geflüchtete entwickelt wurde. Die Klient*innen lernen im Training Gefühle zu erkennen und anschließend adäquat mit ihnen umzugehen bzw. intensive Gefühle besser zu regulieren. Denn nach belastenden Lebensereignissen werden häufig im Alltag intensive Gefühle (Angst, Traurigkeit, Ärger) erlebt und oft fehlen den Betroffenen geeignete Strategien, damit umzugehen. Das zentrale Element und Alleinstellungsmerkmal von STARK ist die hohe Kultursensibilität.  Das STARK-Programm wurde im vergangenen Jahr als therapeutisches Manual im Schattauer Verlag veröffentlicht.Das Forschungsprojekt wurde im Rahmen einer Dissertation durchgeführt und konnte 2020 erfolgreich abgeschlossen werden. Die viele Arbeit daran wurde auch durch das breite Interesse der Forschungsgemeinschaft wie auch der psychosozialen Behandlungscommunity belohnt. Und ganz besonders freut uns, dass Theresa Koch mit dieser Dissertation mit dem Förderpreis der DGVT (Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie) ausgezeichnet wurde.

Eine Zusammenfassung der STARK Studie finden Sie hier


Beispielpublikationen:

Bei Anfragen bezüglich einer Forschungskooperation wenden Sie sich bitte an
Dr. Britta Dumser per E-Mail an britta.dumser@refugio-muenchen.de.